Bürgerbusse profitieren von mehr Flexibilität

Bus-Nahverkehrsplan 2025+ beschlossen – Bürgerbusse profitieren von mehr Flexibilität und neuer rechtlicher Grundlage

Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat einen zukunftsweisenden Schritt im Bereich der öffentlichen Mobilität getan: Der neue Nahverkehrsplan (NVP) 2025+ wurde beschlossen – mit besonderem Augenmerk auf die Integration und Stärkung der Bürgerbusse im ländlichen Raum. Damit reagiert der Kreis auf die tiefgreifenden Veränderungen in der Alltagsmobilität vieler Menschen, insbesondere älterer und in ihrer Mobilität eingeschränkter Bürgerinnen und Bürger.
Die Anforderungen an den Bürgerbusverkehr haben sich in den vergangenen 26 Jahren spürbar gewandelt. Während früher vor allem die Erreichbarkeit kleinerer Läden, Bäcker oder Apotheken in den Ortsteilen im Mittelpunkt stand, konzentriert sich der Bedarf heute zunehmend auf zentrale Versorgungsbereiche in der Kreuztaler Innenstadt. Viele wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten sind in den vergangenen Jahrzehnten verschwunden. Die medizinische Versorgung ist ebenfalls stärker auf zentrale Standorte konzentriert worden.
„Deshalb war es unser Ziel, auch die Wohngebiete besser anzubinden, die bislang außerhalb des bestehenden Liniennetzes lagen“, erklärt Achim Walder, seit 27 Jahren Vorsitzender des Bürgerbus Kreuztal. Gerade für Menschen mit eingeschränkter Mobilität bedeute ein weiter Weg zur Haltestelle – oft bergauf oder über unbefestigte Wege – eine erhebliche Hürde. Hier bringe der neue Nahverkehrsplan nun konkrete Verbesserungen.
Der NVP 2025+ enthält erstmals eine speziell auf den Bürgerbusbetrieb zugeschnittene rechtliche Formulierung. Damit wird eine langjährige Forderung aus der Praxis umgesetzt: Die Bürgerbusse erhalten mehr Flexibilität, um Streckenverläufe und Haltepunkte besser an die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung anzupassen. Dies betrifft vor allem Wohnbereiche, in denen bislang keine regulären Haltestellen eingerichtet werden konnten.
Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben Westfalen Süd (VWS), dem Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd, der Bezirksregierung Arnsberg sowie dem Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, Andreas Müller. Müller kennt den Bürgerbus Kreuztal nicht nur aus politischen Gesprächen – er hat sogar selbst schon am Steuer des Kleinbusses gesessen und die Strecke über den Kreuztaler Marktplatz gefahren. Diese enge Verbindung und das praktische Verständnis auf Verwaltungsebene haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Bedürfnisse der ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer, aber vor allem der Fahrgäste, nun systematisch berücksichtigt werden.
„Das ist ein großer Schritt für den langfristigen Erhalt und die Weiterentwicklung der Bürgerbusse in unserer Region“, so Achim Walder. Die Bürgerbusse seien längst ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs, vor allem in Gebieten, in denen reguläre Buslinien wirtschaftlich nicht tragfähig sind. Die Kombination aus ehrenamtlichem Engagement, niedrigschwelligem Zugang und individueller Nähe mache den Bürgerbus zu einem Erfolgsmodell – auch weit über die Grenzen von Kreuztal hinaus.
Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der künftigen Koexistenz mit digitalen Verkehrsangeboten. Ab 2029 sollen in der Region erste On-Demand-Taxis den Betrieb aufnehmen. Der neue Nahverkehrsplan ermöglicht es, Bürgerbus und On-Demand-Systeme parallel und ergänzend zu betreiben. Damit wird deutlich: Der Nahverkehr in Siegen-Wittgenstein denkt Zukunft nicht gegen, sondern mit dem Bürgerbus.
Schon jetzt zeigt sich die positive Entwicklung: Die letzte Fahrplanänderung im April brachte dem Bürgerbus Kreuztal einen Fahrgastzuwachs von rund zehn Prozent. Das Ehrenamt hinter dem Steuer wird gut angenommen, dennoch bleiben Herausforderungen: Viele Haltestellen sind für mobilitätseingeschränkte Personen nur schwer zu erreichen. Für Menschen mit Rollator oder gesundheitlichen Einschränkungen sind steile Wege oder unbefestigte Zugänge eine reale Barriere. „Diese Fahrgäste warten oft seit Jahren auf eine bessere Anbindung an erreichbare Haltepunkte“, betont Walder. Genau hier soll der neue Plan ansetzen – mit pragmatischen Lösungen und einem offenen Ohr für die konkrete Lebensrealität der Menschen vor Ort.
Mit dem NVP 2025+ zeigt der Kreis Siegen-Wittgenstein, dass moderne Verkehrsplanung mehr sein kann als Liniennetz und Fahrplan – nämlich ein Instrument, um soziale Teilhabe, Daseinsvorsorge und ehrenamtliches Engagement wirksam zu unterstützen.