Erlebnisfahrt mit dem Bürgerbus

„O Täler weit, o Höhen …“
Auf und ab in vier Richtungen von Uli Hardem

„Wenn er jetzt ankommt, bekommt er was zu hören.“ Rita Lange wartet an der Businsel in der Kreuztaler Innenstadt auf den Bürgerbus. In der Tat gab es eine Beschwerde, wenn auch im Schmunzelton. Immerhin kam der Busfahrer Gisbert Wagener aus Fellinghausen sage und schreibe mit vier Minuten Verspätung. „Das ist ja völlig ungewöhnlich“, so die Krombacherin. Der Fahrer hatte auch eine Entschuldigung parat: „Ich musste doch mal 2012_BBK_Buergerbus-Langenbeck_01i3tanken.“ Außerdem hatte es auf der Straße nach Osthelden einen Unfall gegeben, logisch: ein Stau. Die beiden Damen – auch Regina Bäcker wollte nach Krombach –  hatten nur aus Spaß gemeckert. Rita, die seit Jahren den Kreuztalern im REWE-Markt an der Kasse sitzt, listig hinter vorgehaltener Hand: „Der Herr Wagener ist doch der beste Fahrer, den wir haben.“ Dieses kleine Geplänkel wirft ein Licht auf die meist gute Stimmung im Bürgerbus. Viel wird geschwätzt und gelacht, manche geben ihre halbe Lebensgeschichte zum Besten. Jeder kennt fast jeden, meist sind es Seniorinnen und Senioren, die mehr als dankbar sind, mit vollen Einkaufstaschen nicht allzu lange Wege laufen zu müssen. „Eine tolle Errungenschaft“, so sagen alle. 1,80 Euro für eine Fahrt in eine der vier Kreuztaler Himmelsrichtungen kostet der Spaß, das erscheint allen Nutzern angemessen. Die meisten nutzen die günstigere Viererkarte. Kürzlich brachte einer einen Kasten Bier mit in den Bus, einen Aufpreis für diesen Service gibt es bislang nicht. „Aber wer einen Hund mitbringt“, so Fahrer Heinz Weigel, „der muss für sein Tier die Hälfte zahlen.“ Für andere Haustiere gibt es aber keine Tarife. Auch ein Bockenbacher musste neulich keinen Aufpreis zahlen, als er beim Einsteigen bemerkte:. „Heute bin ich so hundemüde, weckt mich doch, ihr wisst, wo ich aussteigen muss.“ 14 Jahre hat der Kreuztaler Bürgerbus schon auf dem Buckel, es ist das inzwischen dritte Fahrzeug. Neun Fahrgäste können mitfahren. Viermal am Tag, zweimal vormittags und zweimal nachmittags, geht die Fahrt nach Norden bis Krombach, 2012_BBK_Buergerbus-Gerhard_01i3nach Osten bis Kredenbach, nach Süden bis Buschhütten und nach Westen bis zur Oberhees. Sage und schreibe 102 Haltestellen werden jeden Tag viermal angefahren, bei guter Laune hält der Buslenker auch mal zwischendurch vor der Haustür. 30 Fahrer sind ein respektabel großes Team, seit kurzem gehören vier nette Damen dazu, das gibt dem Bürgerbus einen zusätzlichen Charme. Nach vier Fahrten – immer montags bis freitags – gibt es am Kaufcenter Fahrerwechsel, das klappt bestens. Fritz Rost aus Eichen macht für jeden Monat die Planung, und alle 2 Monate trifft man sich zum Erfahrungsaustausch. Alle machen diesen Fahrerdienst ehrenamtlich, sie sind in der Regel Rentner, und allen macht es richtig Spaß. Seit März ist auch Siegfried Schmidt aus Ernsdorf dabei, nachdem ihm ein Kegelbruder Laune gemacht hatte. Obwohl langjähriger Straßenprofi als Brummifahrer bei einem Baustoffunternehmen, musste er als Busfahrer sich noch einer Eignungsuntersuchung  unterziehen. So will es das Gesetz. Was der Bürgerbus den Kreuztalern beschert, ist noch etwas anderes. „So lernen wir unsere Stadt wirklich kennen“, schwärmen sie alle, die auch mal andere Strecken als die eigene fahren. „Du kommst in Stadtteile und Randbereiche, da kommst du sonst nie hin!“ In der Tat! Bewusst verlässt der kleine Bus bald die Nord/Süd- und Ost/West-Hauptverkehrsadern mit den oft leidigen Staus und erreicht oft über enge Kletterstraßen die entlegensten Wohnbereiche der Stadt. Beispiele: Kölsbachsiedlung, Mühlbergsiedlung, Bockelbach, Im Wenigen Bruch. Besonders eindrucksvoll die hochgelegenen Wohngebiete von Kredenbach: Im Bereich Lohe quält sich der kleine Bürgerbus über die enge Überbrückung der 2012_BBK_Buergerbus-am-Roten-Platz_01i3Rothaarbahn zum Webersfeld und zur Buchtal hoch, um den Mitfahrern einen großartigen Panoramablick über das mittlere Ferndorftal Richtung Kreuztal zu bieten. Dann geht es vorbei am kleinen Freibad – im Kredenbacher Jargon ist es der Ochsenweiher – zum Siegerberg, der einen beeindruckenden Durchblick auf das gegenüberliegende Martinshardt-Massiv gewährt.  Nicht weniger bewundernswert der Blick vom Sonnenwinkel (wo liegt der bloß?) auf das Panorama von Krombach mit seinem riesigen Brauerei-Terrain, im Hintergrund das Panorama des Kindelsbergs. Gewohnte und doch neu zu entdeckende Blicke auf die vier Täler, in denen die Wirtschaftskraft pulsiert, flankiert von den Hängen und Höhen, wo die Menschen wohnen, nicht selten in oft schmucken Häusern und Villen. So blättert sich die Stadt am Kindelsberg wie ein buntes Bilderbuch auf.  Der Bürgerbus macht’s möglich! Und abschließend ein Tipp an die städtischen Ratsmitglieder und Tiefbauer, die die dringenden Sanierungen der Kreuztaler Straßen planen: Eine Rüttel- und Schüttelfahrt über bestimmte Straßen lässt keine Fragen mehr offen. Aber das schmälert nicht das Erlebnisvergnügen.