Seit dem 2. März 1998 fährt nun schon ein Bürgerbus mit bis zu acht Fahrgästen durchs Zentrum und durch die Randbereiche der Stadt Kreuztal. Die Idee – Bürger fahren Bürger – stammt aus Großbritannien. Die Kreuztaler waren vor 15 Jahren die Bürgerbus-Pioniere von Südwestfalen. Bis heute sind in der Region fast ein Dutzend Bürgerbus-Angebote angelaufen, in ganz Nordrhein-Westfalen sind es über 120 – mit Abstand die meisten in Deutschland.
Ich fahre seit sechs Jahren Bürgerbus. Inzwischen sitze ich vor allem hinter dem Steuer, nachdem ich vorher auch schon mal als Passagierin mitgefahren bin. Die Busfahrer sind vor allem – so wie ich – Rentnerinnen oder Rentner, denn wöchentlich eine dreistündige Bustour durchs ganze Stadtgebiet lässt sich kaum mit voller Berufstätigkeit vereinbaren. Es gibt zwar auch Fahrer, die nicht jede Woche im Fahrplan stehen, aber ich bin seit Jahren am selben Termin unterwegs und fahre nacheinander alle vier Linien ab: Vom Kreuztaler Marktplatz aus geht es los, zuerst nach Westen über Fellinghausen und Osthelden bis in die Oberhees und zurück, dann nach Osten über die Marburger Straße durch Ferndorf, einmal rund um Kredenbach, und auf dem Rückweg durch die höher gelegenen Seitenstraßen Ferndorfs. Weiter geht es nach Süden, über den Mühlberg bis zur Achenbachsiedlung. Über die Kölsbachsiedlung fahre ich am Buschhüttener Friedhof vorbei, dann auf dem Rückweg durch die Liesewaldsiedlung. Nach Norden geht es durch Eichen und Krombach, zum Schluss bis fast nach Bockenbach. Wie immer endet die Tour, wo sie begonnen hat: Am Marktplatz von Kreuztal, wo der Bus meist nach einem Fahrerwechsel wieder losfährt. An fünf Tagen pro Woche fährt der Bürgerbus diese Strecke viermal täglich, von Viertel vor acht morgens bis kurz vor sieben abends.
Natürlich muss man sich auch als Fahrer an den Fahrplan halten und seine persönlichen Geschäfte zu anderen Zeiten erledigen. Das gelingt nicht immer, aber es hat ja auch keiner von uns das Bürgerbus-Fahren zum Beruf gemacht. Und etwas anstrengend ist es auch, konzentriert einen so großen Wagen durch die teilweise engen, teilweise sehr holprigen Gassen rund um Kreuztal zu lenken. Aber es lohnt sich für mich, und deshalb habe ich kürzlich meinen Gesundheitszustand auch wieder durchchecken lassen, um die Genehmigung für ein weiteres Jahr Personenbeförderung zu erhalten. Es wird zwar niemand für die Fahrten bezahlt – der Bürgerbus ist ja deshalb ein ehrenamtliches Projekt, weil öffentlicher Personennahverkehr mit Profis auf kleineren Strecken nicht rentabel wäre. Aber meine Auslagen – zum Beispiel für den Gesundheitscheck – übernimmt der Verein Bürgerbus Kreuztal.
Die Hauptsache, wegen der mir das Bürgerbus-Fahren Spaß macht, sind die Menschen, die immer etwas zu erzählen haben: „Während der Fahrt bitte nicht mit dem Fahrer sprechen!“ Ein solches Schild hängt glücklicherweise nirgendwo im Bürgerbus. Der Bus ist manchmal auch ein mobiler Treff, und viele Fahrgäste nehmen regelmäßig dieselbe Linie, um zu ihren Terminen oder zum Einkaufen zu fahren. Manchmal fährt man auch allein im Bus, dann bleibt mehr Zeit, um sich anzuschauen, was in den Stadtteilen so vor sich geht. In den letzten Jahren zum Beispiel habe ich festgestellt, dass die Kreuztaler ihre Häuser und Gärten immer weniger hinter hohen Hecken verstecken. Da gibt es viel zu sehen und immer wieder Neues zu entdecken. Hinter dem Bürgerbus-Lenkrad kann man die Stadt erfahren, und die Fahrgäste tragen das Ihre dazu bei, dass man immer auf dem Laufenden bleibt.