Niederflur Bürgerbus in Kreuztal

mit freundlicher Genehmigung: (c) Siegerner Zeitung 06.04.2023 Anja Bieler-Barth
Wenn Luise Afflerbach ihre Tour über den Kreuztaler Wochenmarkt abso lviert hat, gönnt sie sich im Café der Bäckerei Hesse erst einmal einen Kaffee. Auch am Tag vor Karfreitag ist dies der Fall: Die 89-Jährige genießt in der Außengastronomie die Sonne und hat dabei alles Wesentliche im Blick. Dazu zählt auch die Haltestelle direkt vor ihrer Nase, wo sie gegen 11.15 Uhr in den Kreuztaler Bürgerbus einsteigen wird, mit dem sie auch morgens in die Stadtmitte gefahren ist und der sie nun bis fast vor die Ferndorfer Haustüre heimkutschiert.
Der Neunsitzer tourt schon seit 1998 durch das Stadtgebiet, alle sieben Jahre etwa wird ein neues Gefährt angeschafft. Erstmals ist nun ein Niederflurbus zwischen Kredenbach und Littfeld, im Hees- und dem Ferndorftal unterwegs. „Das ist der erste Niederflur-Bürgerbus in Siegen-Wittgenstein und Olpe“, betont Vereinsvorsitzender Achim Walder nicht ohne Stolz.
Wo bislang beim Ein- und Aussteigen drei Stufen zu überwinden waren, lädt nun Barrierefreiheit ein. Luise Afflerbach ist die älteste Kundin des Bürgerbusvereins und froh, dass es ihn gibt. „Ich fahre drei- bis viermal pro Woche“, berichtet sie, noch im Café sitzend. Zu ihren Füßen: eine Tüte voller Stiefmütterchen. Die Pflänzchen hat sie frisch am Wochenmarkt erstanden. Als der Bürgerbus gerade von einer seiner Touren vorfährt, beweist die agile Ferndorferin „Insiderwissen“ und fragt einen Bekannten vom Team: „Können Sie meine Blümchen schon in den Bus stellen?“ Klar kann er das.
„Ich benutze den Bus erst seit einem Jahr“, sagt Luise Afflerbach. Wie ist sie zuvor in die Stadtmitte gekommen? „Natürlich zu Fuß“, betont sie. Rüdiger Sting ist ebenfalls nicht gut zu Fuß und froh über das neue niederschwellige Angebot zum Ein- und Aussteigen: War er früher „nur“ Kunde im Bus, kümmert er sich mittlerweile um die Terminannahmen: Anfang des Jahres wurde der bisherige Linienverkehr ein-, wurde aus Spargründen auf Rufbussystem umgestellt (die SZ berichtete). Das Gefährt setzt sich also nur noch in Bewegung, wenn Kunden sich vorher angemeldet haben (Tel.: 0 27 32/8 98 39 99).
An diesem Donnerstagmorgen ist wieder viel los in Kreuztals Stadtmitte. Einen Tag vor Karfreitag füllen viele ihren Kühlschrank. Fahrer Erhard Klappert hält an Hang hinter der Krombacher Brauerei an, und Waltraud Heinemann steigt ein. „Das Angebot ist toll“, freut sich die 65-Jährige „Ich habe nicht immer ein Auto, und so bin ich unabhängig und kann mir Zeit lassen in der Stadt. Und der normale Bus fährt ja nicht hoch ins Wohngebiet.“ Zunächst geht es ins Fitnessstudio, dann über den Markt.
Zurück Richtung City nimmt Fahrer Klappert am Eichener Kirberg noch zwei Stammgäste auf; Eleonore Erfurth-Winter (81) und Inge Münker (82) fahren oft und regelmäßig zusammen mit dem Bürgerbus. Ein Ticket kostet 2 Euro. „Der neue Einstieg ist ideal“, loben beide. „Und das Anmelden funktioniert auch tadellos.“ Wenn die beiden alles in der City erledigt haben, belohnen sie sich vor der Rückfahrt mit Kakao und Rosinenbrötchen. So muss es sein!
Der Komfort hat seinen Preis. Das rund 90.000 Euro teure Fahrzeug gehört den Verkehrsbetrieben Westfalen-Süd, das Land NRW zahlt 60.000 Euro, den Rest muss der Verein aufbringen. Ein Teil der Summe wird über den Verkauf des bisherigen Büschens gestemmt. Doch müssen natürlich auch Einnahmen in der Kasse landen. „Es wäre toll, wenn wir wieder mehr Fahrgäste begrüßen könnten“, sagt Achim Walder. Seit Corona habe man viele Kunden verloren.